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Weltelterntag: Höchste Familienleistungen für einkommensstärkste Zehntel
Weltelterntag: Höchste Familienleistungen für einkommensstärkste Zehntel
Am 1. Juni findet der internationale Tag der Eltern statt. Erst kürzlich hat Familienministerin Susanne Raab Österreich als Europameister bei Familienleistungen zelebriert. Ein zweiter Blick auf die Studienergebnisse der EU-Kommission, auf die sich die Ministerin für ihre Aussage bezieht, zeigt allerdings: In Österreich gehen die meisten Familienleistungen an besserverdienende Eltern. Gleichzeitig leben andere Familienformen, wie etwa Alleinerzieher:innen oder auch Mehrkindhaushalte, oftmals unter der Armutsgefährdungsschwelle, wie eine Aussendung des Momentum Instituts zeigt.
Ungleiche Verteilung bei den Familienleistungen
Die Europäische Kommission befasst sich in ihrer Studie mit der Frage, wie sich kinderspezifische Sozialleistungen auf Kinderarmut und die damit einhergehende Ungleichheit in den EU-Ländern von 2019 bis 2022 auswirken. Bei den kinderspezifischen Sozialleistungen bzw. Familienleistungen wird zwischen direkten Geldtransfers für Kinder, familienbezogenen Sozialleistungen und Steuerreduktionen unterschieden. “Zwar hat Österreich mit knapp 12 Prozent tatsächlich den höchsten Anteil an Familienleistungen gemessen am BIP pro Kopf, doch bei genauerer Betrachtung wird klar: Bei etwa einem Drittel dieser Leistungen handelt es sich um Steuervergünstigungen. Davon profitieren aber verstärkt einkommensstarke Familien”, erläutert Sophie Achleitner, Ökonomin am Momentum Institut.
Bei einem Vergleich der direkten Geldtransfers für Kinder liegt Österreich mit rund 7 Prozent nur am 8. Platz im EU27-Vergleich. Wenn man die Höhe der direkten Transfers in Relation zum mittleren Einkommen betrachtet, belegen wir sogar nur Platz 11.
Anhand des Beispiels des Familienbonus Plus – ein Steuerabsetzbetrag und somit eine Steuervergünstigung – kann die Ungleichverteilung von steuerlichen Familienleistungen demonstriert werden: Durch die Erhöhung des Familienbonus Plus im Jahr 2022 profitierten im obersten Einkommensfünftel 26 Prozent der Personen, im ärmsten brachte sie nur 7 Prozent etwas.
Die Verteilung der Familienleistungen auf die verschiedenen Einkommensgruppen in der EU-Studie zeigt ebenfalls: Während in anderen Ländern ärmere Einkommensgruppen mehr Familienleistungen (gemessen am BIP pro Kopf) erhalten als reichere, ist es in Österreich umgekehrt. Hierzulande erhalten die beiden einkommensstärksten Zehntel höhere Familienleistungen als die einkommensärmeren. Das lässt sich sowohl auf die Steuervergünstigungen als auch auf die direkten Geldtransfers für Kinder zurückführen.
Hinzukommt, dass die Familienleistungen für das reichste Einkommenszehntel im Zeitraum 2019 bis 2022 sogar gestiegen sind, für das ärmste Zehntel jedoch unverändert blieben.
Hohe Armutsgefährdung bei Alleinerziehenden und Mehrkindhaushalten
Familienleistungen sollten gezielt jene mehr kompensieren, die niedrigere Einkommen haben und alle Familienformen berücksichtigen. Vier von zehn Alleinerziehenden sind etwa armutsgefährdet. Seit Regierungsantritt 2019 ist die Armutsgefährdung bei dieser Gruppe von 32 Prozent auf 41 Prozent im Jahr 2023 gestiegen. Sie haben damit aktuell die zweithöchste Armutsgefährdungsquote (nach Erwerbsarbeitslosen).
Die Armutsgefährdung für Mehrkindhaushalte hat seit Regierungsantritt 2019 am stärksten zugenommen - um mehr als 10 Prozentpunkte. Waren 2019 noch 20 Prozent der Mehrkindhaushalte armutsgefährdet, war es 2023 fast ein Drittel.
“Außerdem ist in Österreich mehr als die Hälfte der Familienleistungen nicht bedarfsorientiert gestaltet und wird damit unabhängig vom Einkommen ausbezahlt. Es wäre jedoch wichtig, gerade die niedrigen Einkommen gezielt zu entlasten”, so Achleitner abschließend.
Das Momentum Institut empfiehlt die ungleiche Verteilungswirkung des Familienbonus Plus zu korrigieren. Da von Steuerabsetzbeträgen und Freibeträgen Top-Verdiener:innen am stärksten profitieren, sowie vor allem Männer, sollte der Fokus stärker auf familienbezogene Sachleistungen gerückt werden. Zusätzlich wäre es sinnvoll regelmäßige Kinderkosten-Analysen zu erheben, denn vor der aktuellsten Erhebung aus dem Jahr 2021 wurde sie zuletzt 1964 durchgeführt.