- Momentum News
- Posts
- Stromreform nach Schweizer Vorbild
Stromreform nach Schweizer Vorbild
Heute endet die Begutachtungsfrist des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG) – ein Versuch von Österreichs Bundesregierung, die Preisexplosionen am Strommarkt endlich abzufedern. Im Gegensatz zu Österreich schaffte es die Schweiz trotz Energiekrise, kleine Verbraucher:innen und Haushalte vor Preisspitzen zu schützen. Deshalb hat das Momentum Institut die Strommärkte der beiden Länder verglichen und legt im neuen Policy Brief “Strompreise senken wie die Schweiz” dar, warum die Bundesregierung sich das Nachbarland als Vorbild nehmen sollte.
In Österreich sind Haushalte und Kleinbetriebe in erster Linie bei den Landesenergieversorgern unter Vertrag. Diese lagen mit ihren Preissteigerungen deutlich über jenen der Schweiz, wie ein Vergleich der Energiepreise 2023 mit dem Vierjahresdurchschnitt 2018 bis 2021 zeigt.

Im Zuge der Energiekrise schraubten die österreichischen Landesenergieversorger ihre Stromtarife massiv nach oben und erreichten 2023 ihren Rekordwert. Währenddessen erhöhten manche Schweizer Regionalversorger ihre Preise gar nicht. Selbst bei Schweizer Anbietern mit Preiserhöhungen blieb die Teuerung zumeist unterhalb einer Verdoppelung, nur drei größere Versorger gingen bei ihrem Strompreis darüber hinaus (+113 bis +122 Prozent). Zum Vergleich: In Österreich verlangten sieben von neun österreichischen Landesenergieversorgern von ihren Kund:innen zweieinhalb bis dreieinhalb mal so viel Geld für den gleichen Strom wie zuvor. Im Schnitt wollten sie um 215 Prozent mehr Geld von ihren Kund:innen.
“Der Vergleich mit dem Nachbarland offenbart, dass Österreichs Rekordpreise bei den Stromtarifen vermeidbar gewesen wären. Was in der Schweiz als Preisspitze galt, könnte in Österreich geradezu als Schnäppchen bezeichnet werden. An der traurigen Spitze steht hierzulande die EVN in Niederösterreich mit Strompreiserhöhungen von 266 Prozent – in der Schweiz undenkbar”, erläutert Oliver Picek, Chefökonom am Momentum Institut.
Regulierung schützt Haushalte und Kleinbetriebe
Der Blick über die Ländergrenzen zeigt: Regulierung wirkt. Was den Strommarkt Österreichs grundlegend von der Schweiz unterscheidet, ist deren bewusste Entscheidung gegen die EU-weite Liberalisierung für Haushalts- und (Klein-)Betriebskund:innen. In Österreich wurde der Strommarkt 2001 sogar noch vor der EU-Regelung liberalisiert, was den Unternehmen weitgehend freie Preisgestaltung ermöglicht und Haushalte teuer zu stehen kommt. Gerade in Krisenzeiten sind sie überhöhten Stromtarifen schutzlos ausgeliefert. In der Schweiz wird außerdem unterschieden: Produziert ein Stromversorger den Großteil des Stroms günstig selbst, können Zukäufe von teurem Strom nicht auf Haushalte abgewälzt werden. So gelang es der Schweiz, in den bevölkerungsreichsten Kantonen Zürich und Bern die Energiepreise auf bemerkenswert stabilem Niveau zu halten.

Um systematische Preisexzesse zu verhindern, kombiniert die Schweiz das Stromversorgungsgesetz mit der Aufsichtsbehörde ElCom, welche die Tarife überprüft. Außerdem können Konsument:innen melden, wenn sie zu hohe Preise vermuten. Doch im Gegensatz zur Schweizer Behörde sehen sich die österreichischen Pendants, die E-Control und die Bundeswettbewerbsbehörde, der Sicherung von Marktmechanismen verpflichtet. Trotz Teilregulierung des Schweizer Strommarkts bleiben aber auch deren Energieunternehmen weiterhin profitabel. Im Unterschied zum österreichischen Marktführer Verbund wird durch die Regulierungsmaßnahmen in der Schweiz aber verhindert, dass exzessive Übergewinne auf Kosten der Bevölkerung gemacht werden.
“Die Schweiz ist ein kapitalistisches Land. Doch trotzdem wissen unsere Nachbarn genau, wann der Staat die Zügel der Wirtschaft besser selbst in der Hand behält. Will die heimische Bundesregierung die Menschen in Österreich künftig vor hohen Strompreisen schützen, muss sie sich die Schweiz zum Vorbild nehmen”, so das Fazit von Momentum-Chefökonom Oliver Picek.
Das Momentum Institut empfiehlt daher, die Regulierung des Strommarkts nach Schweizer Vorbild in Österreich für Haushalte (wieder) einzuführen, um die Strompreise stabil und krisenfest zu machen.