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Neue Studie: 7 von 10 finden Politik und Wirtschaft tun zu wenig zur Bekämpfung der Klimakrise

Neue Studie: 7 von 10 finden Politik und Wirtschaft tun zu wenig zur Bekämpfung der Klimakrise

Heute wurden die Ergebnisse der neuen FORESIGHT-Studie “Klimagerechtigkeit in Österreich” auf einer Pressekonferenz präsentiert. Die Studie wurde vom Momentum Institut in Auftrag gegeben. Befragt wurden dabei 1.412 Personen in Österreich zu ihrer Haltung gegenüber der Klimakrise und ihren Folgen, sowie zur Akzeptanz klimapolitischer Maßnahmen, auch im Zusammenhang mit ihrem Wahlverhalten, sowie die Betroffenheiten und Ängste in Bezug auf die Folgen der Klimakrise.

Relevanz und Interessen bei der Bekämpfung der Klimakrise

Die Bekämpfung der Klimakrise empfinden knapp drei Viertel (72 Prozent) der Befragten als sehr oder ziemlich wichtig. Die Zustimmung steigt mit den ökonomischen Dritteln: Während die Klimakrise im unteren Drittel für mehr als 6 von 10 Personen (sehr) wichtig ist, sind es im oberen Drittel 8 von 10. “Diejenigen die also tendenziell mehr Emissionen verursachen, sich aber gleichzeitig auch vor der Klimakrise besser schützen können, empfinden die Bekämpfung am relevantesten. Diese Einstellung bietet den idealen Nährboden, um mit Klimaschutzmaßnahmen auch tatsächlich bei den Wohlhabenden anzusetzen und birgt gleichzeitig enorme Einsparungs-Potentiale”, erläutert Katharina Mader, Chefökonomin am Momentum Institut. Knapp zwei Drittel der Befragten finden, dass Politik (67 Prozent) und Wirtschaft (65 Prozent) nicht genug im Kampf gegen die Klimakrise tun. 43 Prozent sind der Meinung, dass die Bevölkerung genug oder eher genug gegen die Klimakrise unternimmt.

Interessen von Wohlhabenden zu stark berücksichtigt

Mehr als ein Drittel empfindet die Interessen von wohlhabenden Menschen als zu stark in der Klimapolitik berücksichtigt, unabhängig von der eigenen ökonomischen Lage, wobei die Zustimmung im unteren Drittel (44 Prozent) am stärksten ist. Am geringsten berücksichtigt sehen die Befragten die Interessen von Menschen mit geringem Einkommen (58 Prozent), dicht gefolgt von den Interessen Älterer (54 Prozent) und Personen mit gesundheitlichen Problemen (54 Prozent). Aber auch Kinder (52 Prozent) und die Mittelschicht (43 Prozent) kommen in der Klimapolitik zu kurz.

Arbeiter:innen, Frauen und ärmere Menschen am stärksten betroffen 

Die Folgen der Klimakrise treffen nicht alle gleich: So ist die Gesundheit von Frauen durch Hitzewellen aufgrund der Klimakrise stärker beeinträchtigt als von Männern. 62 Prozent der weiblichen Befragten geben an, an einer geringeren Leistungsfähigkeit zu leiden, bei den Männern sind es nur 47 Prozent. Auch unter Schlafproblemen leiden mit 56 Prozent mehr Frauen als es bei den Männern (44 Prozent) der Fall ist. Von Kreislaufproblemen berichten mit 44 Prozent fast doppelt so viele Frauen wie Männer (23 Prozent).

Wie stark die Gesundheit von betroffenen Personen durch Hitzewellen beeinträchtigt ist, hängt auch von der ökonomischen Lage ab: Im unteren Drittel berichten 6 von 10 Personen von einer geringeren Leistungsfähigkeit (61 Prozent) oder Schlafproblemen (64 Prozent). Hingegen erfahren im obersten Drittel 49 Prozent eine geringere Leistungsfähigkeit und Schlafprobleme kommen mit 36 Prozent fast nur halb so häufig vor.

Auch der Beruf hat einen maßgeblichen Einfluss darauf, wie sehr eine Person von klimabezogenen Belastungen betroffen ist. So ist etwa die Hälfte der Arbeiter:innen durch Hitze in ihrer beruflichen Tätigkeit belastet. Für die Gruppe bestehend aus Angestellten, im öffentlichen Dienst Beschäftigten und freien Dienstnehmer:innen (38 Prozent) sowie für Selbstständige (36 Prozent) ist das weit weniger der Fall.

Ängste vor den Folgen der Klimakrise

Drei Viertel (76 Prozent) befürchten, dass Lebensmittel teurer und schlechter verfügbar werden. 6 von 10 ist bange zumute, dass Teile der Welt unbewohnbar werden. Etwa die Hälfte befürchtet Schäden am Eigentum durch Extremwetterereignisse oder dass der Lebensstandard aufgrund der Klimakrise sinkt.

Spannend ist, dass 69 Prozent der Befragten im oberen Drittel befürchten, dass Teile der Welt unbewohnbar werden, während das im unteren Drittel mit 56 Prozent deutlich weniger Menschen angeben. 6 von 10 Personen im unteren Drittel befürchten ein Sinken des Lebensstandards – im oberen Drittel sind es nur 39 Prozent. 45 Prozent der Personen im unteren ökonomischen Drittel befürchtet, dass ihr Gesundheitszustand unter Hitzewillen leidet, im oberen Drittel geben das 30 Prozent an.

Einstellung und Klimapolitik

7 von 10 Menschen (68 Prozent) in Österreich stimmen zu, dass die Klimakrise diejenigen am stärksten trifft, die weniger haben. Annähernd ebenso viele vertreten weiters die Ansicht, dass die Bewältigung der Klimakrise eine Frage der Gerechtigkeit für kommende Generationen ist. Etwas mehr als die Hälfte ist der Meinung, dass westliche Länder beim Ausstieg aus fossilen Energien vorangehen sollten.

7 von 10 Personen für EU-weites Verbot von Privatjets

Abgefragt wurde außerdem die Zustimmung zu ausgewählten Klimaschutz-Maßnahmen. Die höchste Zustimmung gibt es für ein EU-weites Verbot von Privatjet-Flügen: Knapp 7 von 10 Personen sprechen sich dafür aus. 6 von 10 Befragten sind dafür, dass höhere Steuern für Personen fällig werden, die mehr CO2 verursachen. Mit 57 Prozent spricht sich die Mehrheit dafür aus, den Mietenzins zu reduzieren, wenn das Mietobjekt nicht thermisch saniert ist oder eine fossile Heizung hat, die nicht getauscht wird. Etwas mehr als die Hälfte ist auch für das Verbot von Kurzstreckenflügen (unter 1.000 km). 4 von 10 Befragten sprechen sich für ein Fahrverbot in den Städten für große und sperrige Fahrzeuge, sowie für eine höhere CO2-Steuer aus, wenn auch der Klimabonus angehoben wird.

Wahlverhalten und Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen

Ebenfalls wurde das Wahlverhalten der vergangenen Nationalratswahl 2019, sowie die Wahlabsicht für die kommenden Nationalratswahlen erfragt, um die Relevanz von Klimaschutz, sowie einzelne Klimaschutz-Maßnahmen nach Wähler:innenschaft zu analysieren. Für 98 Prozent der Grün-Wähler:innen ist die Bekämpfung der Klimakrise sehr oder ziemlich wichtig. Auch für Neos-, SPÖ- und ÖVP-Wähler:innen gilt das für 8 von 10 Personen. Bei der FPÖ-Wähler:innenschaft geben das lediglich 46 Prozent an. Eine tiefergehende Analyse der abgefragten klimapolitischen Maßnahmen zeigt außerdem, dass es auch hier parteiübergreifende Mehrheiten gibt, die diese befürworten. So stimmen etwa Anhänger:innen aller Parteien einem Privat-Jet Verbot in der EU mehrheitlich zu. Auch für Forderungen nach einer Mietreduktion, wenn keine thermische Sanierung oder ein Heizungstausch durch den/die Vermieter:in durchgeführt wurde, gibt es knapp eine parteiübergreifende Mehrheit. Drei Viertel der Anhänger:innen von Grünen und SPÖ sind dafür, bei den Neos sind es 50 Prozent, ÖVP 49 Prozent und bei der FPÖ 46 Prozent. Für das Verbot von Kurzstreckenflügen unter 1.000 Kilometer gibt es ebenfalls eine überparteiliche Mehrheit.

“Der Hut brennt bereits, gleichzeitig finden die Befragten, es passiert im Kampf gegen die Klimakrise viel zu wenig. Wie wichtig es wäre, dem sind sich die Leute aber durchaus bewusst und es gibt sogar überparteiliche Mehrheiten für konkrete Maßnahmen. Die Politik sollte nun endlich in die Gänge kommen und ausreichende und sozial treffsichere Maßnahmen zum Klimaschutz setzen”, so Mader abschließend.

Die Ökonom:innen des Momentum Instituts empfehlen auf Basis der Studienergebnisse folgende Maßnahmen:

  • Erneuerung des Klimaschutzgesetzes

  • Stärkere Berücksichtigung bei der Klimapolitik von vulnerablen Gruppen (Menschen mit geringem Einkommen, Personen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen, Kindern sowie Älteren). Sowie gleichzeitig geringere Berücksichtigung für die Interessen von Wohlhabenden in der Klimapolitik. Hier könnte man etwa bei den enormen Einsparungs-Potenzialen der Emissionen von Reichen ansetzen: Die einkommensreichsten 10 Prozent der Haushalte verursachen knapp so viel, wie die gesamte untere Einkommenshälfte zusammen.

  • Verstärkter Fokus auf Klimaschutzmaßnahmen für diejenigen, die am meisten unter den Auswirkungen der Klimakrise leiden (Menschen mit schlechter ökonomischer Lage, Arbeiter:innen und Frauen. Eine Maßnahme wäre etwa das Recht auf Hitzefrei für Arbeiter:innen im Freien bei voller Entgeldfortzahlung. Weiters sollten Frauen bei der Gestaltung und Umsetzung von Klimapolitik gleichberechtigt beteiligt sein.

  • Verbot von Privatjet Flügen

  • Verbot von Kurzstreckenflügen unter 1.000 Kilometer

  • Stopp der reduzierten Umsatzsteuer für Inlandsflüge, sowie Stopp von Umsatzsteuerbefreiung für transnationale Flüge

  • Reduktion der Miete, wenn Vermieter:in keine thermische Sanierung vornimmt bzw. kein Ausstieg aus Öl und Gas beim Heizsystem erfolgt. Das wäre auch eine Maßnahme für die ärmere Bevölkerungshälfte, sie wohnt nahezu gänzlich in Miete und verfügt über kein Mitbestimmungsrecht über das Heizsystem.

  • Rasche thermische Sanierung und Ausstieg aus Öl und Gas in allen staatlichen Gebäuden, auch bei Gebäuden der Bundes Immobiliengesellschaft (BIG)

  • höhere Steuern, wenn mehr CO2 verursacht wird: Prinzipiell reicht es nicht aus umweltschädliches Verhalten einfach nur teurer zu machen, denn wer es sich leisten kann, zerstört weiter die Umwelt. Hier muss ein Maßnahmen-Mix eingesetzt werden. Etwaige Maßnahmen wären etwa eine progressive Tarifgestaltung für den Energieverbrauch.

  • Aktuell fallen bei Flügen - eine äußerst klimaschädliche Form der Mobilität - weder eine Mehrwertsteuer bei transnationalen Flügen noch eine Kerosinsteuer an. Steuereinnahmen auf Flugreisen könnten in den Ausbau öffentlicher und klimafreundlicher Verkehrsmittel investiert werden.

  • Förderungen für fossile Energie abschaffen

  • Wichtige Ansätze für klimapolitische Maßnahmen bieten auch die Empfehlungen des Klimarats, mit denen sich die Gesetzgebung ernsthaft auseinandersetzen sollte

Weitere Informationen und die ganze Studie finden Sie hier.