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Neue Policy Note: Sparquote treffsicher senken bringt Wirtschaftsboost

Die Sparquote lag 2024 mit 11,8 Prozent merklich über dem Jahresdurchschnitt der Vorjahre. Sparen Haushalte und Unternehmen zu viel, drückt das auf das Wirtschaftswachstum. Hinter der gesamtwirtschaftlichen Sparquote steckt ein Verteilungsproblem: Reiche Haushalte können sehr viel sparen. Bei Armen übersteigen die Ausgaben das Einkommen. Um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen, muss die Bundesregierung umverteilen und die Nachfrage der unteren Einkommen stützen. In einer neuen Policy Note präsentiert das Momentum Institut Ansätze, um die Sparquote zu senken und somit die Wirtschaft wieder nachhaltig anzukurbeln.

2024 stieg die private Sparquote in Österreich deutlich an. Während sie 2023 bei rund 8,7 Prozent lag, betrug sie 2024 11,8 Prozent. Das ist nicht nur deutlich höher als im Vorjahr, sondern auch höher als in den Jahren vor der Pandemie. Auch die Sparquoten der EU- (8,2 Prozent), sowie der Euroländer (8,4 Prozent) liegen deutlich unter jener in Österreich. Insgesamt sparten Haushalte in Österreich 2024 rund 33,9 Milliarden Euro und damit über 10 Milliarden mehr als im Jahr davor. Das zusätzlich gesparte Einkommen allein entspricht über zwei Prozent der Wirtschaftsleistung und fehlt im Konsum.

Sparquote der privaten Haushalte in Prozent. Die Grafik zeigt die Entwicklung der jeweiligen Sparquoten für Österreich, der 27 EU-Ländern sowie der 20 Euroländer seit dem 4. Quartal 2005 bis zum 4. Quartal 2024.

Die Sparquote misst, welchen Anteil des verfügbaren Nettoeinkommens Haushalte zur Seite legen können. Gesamtwirtschaftlich betrachtet stiegen die Einkommen in Österreich 2024 preisbereinigt um 3,5 Prozent. Der Konsum hingegen lediglich um 0,1 Prozent. Die hiesige Bevölkerung sparte 2024 im Schnitt also fast all ihre Einkommenszuwächse aus dem Vorjahr. “Das schadet der Konjunktur, denn anstatt, dass das Geld bei den Unternehmen landet und die Wirtschaft in Gang bringt, landet es am Sparkonto oder bei den besonders Reichen in Aktien und Fonds. Hierbei ist es aber wichtig, nicht alle Haushalte über einen Kamm zu scheren. Wer jetzt schon mehr ausgeben muss, um über die Runden zu kommen, dem kann man nicht die Schuld für die schleppende Wirtschaft in die Schuhe schieben, weil zu viel gespart würde”, gibt Miriam Frauenlob, Ökonomin am Momentum Institut, zu bedenken.

Nur Besserbezahlte sparen (viel)

Haushalte in den unteren Dezilen können kaum sparen – ihr gesamtes Einkommen fließt in den Konsum. Die einkommensärmsten Haushalte kommen mit ihrem verfügbaren Einkommen gar nicht aus, ihre Sparquote ist negativ (-58 Prozent). Reichere Haushalte hingegen sparen einen größeren Teil ihres Einkommens, der dann nicht in den Konsum fließt.

Eine Analyse der aktuellen Konsumerhebung 2019/2020 zeigt deutlich, wie ungleich die Sparquote verteilt ist. Die untersten drei Zehntel der Einkommensverteilung haben negative Sparquoten – das heißt, dass sie sich für ihren Konsum verschulden oder auf alte Ersparnisse zurückgreifen müssen. Ab dem vierten Zehntel kann gespart werden, auch wenn das Volumen hier gering ist. Gerade einmal 63 Euro sparte ein durchschnittlicher Haushalt im vierten Dezil pro Monat. Im Vergleich dazu: Ein Haushalt im obersten Zehntel sparte 33-mal so viel, also mehr als 2.000 Euro pro Monat.

Jeder dritte Haushalt kann nichts sparen. Sparquote nach Einkommenszehnteln.

Die Analyse offenbart, wie wichtig es ist, die Einkommen der einkommensärmeren Zehntel zu stärken, anstatt wie aktuell durch das Sparpaket der Bundesregierung vorgesehen, weiter zu kürzen. Gerade das Aussetzen der Valorisierung von Familienleistungen trifft einkommensärmere Haushalte viel stärker. “Bei der unteren Einkommenshälfte geht de facto fast das ganze verfügbare Einkommen in den Konsum. Bleibt ihnen weniger, landet auch weniger bei den Unternehmen und schließlich auch weniger durch ausbleibende Steuereinnahmen beim Staat”, so Frauenlob weiter. Ganz anders ist die Situation bei den Reichen. Sinken hohe Einkommen oder tragen Reiche einen Beitrag zur Konsolidierung bei, bricht ihr Konsum nicht im gleichen Verhältnis ein. Ein Solidarbeitrag von Schwerverdiener:innen würde die Konjunktur weitaus weniger belasten als Einsparungen bei den Ärmsten oder auch in der Mitte der Einkommensverteilung.

Eine Studie des WIFO zeigt darüber hinaus: Stärkt man die Einkommen der untersten Fünftel, bringt das positive Effekte für die Wirtschaftsleistung und bringt sogar durch die stärkere Nachfrage einen positiven Beschäftigungseffekt.

Auch Unternehmen sparen deutlich mehr

Neben den Haushalten legen auch die Unternehmen einiges an Geld auf die Seite und sparen derzeit zu viel, was die Wirtschaft ebenso schwächt. In den letzten Jahren sieht man einen Anstieg der Ersparnisse der Unternehmen, der auch 2022 und 2023 nicht auf das Niveau vor der Coronakrise zurückging. Der Überschuss der privaten Unternehmen lag zuletzt bei rund 7,5 Milliarden Euro, also bei fast 1,6 Prozent des BIPs.

icht nur Haushalte, auch Unternehmen sparen. Finanzierungssalden in Milliarden Euro. Die Grafik zeigt die Entwicklung der Finanzierungssalden von Unternehmen und Haushalten im Zeitraum zwischen 2013 und 2023.

Wie die Sparquote sozial-nachhaltig senken?

Es gibt zahlreiche wirtschaftspolitische Maßnahmen, mit denen man die Sparquote reduzieren kann. Allen voran würde eine Umverteilung nach unten die Sparquote fast schon automatisch senken, da die obersten Dezile eine niedrige Konsumneigung haben. Doch auch abseits davon gibt es zahlreiche Möglichkeiten die Sparquote zu senken und mehr Konsumnachfrage zu schaffen. Das Momentum Institut empfiehlt folgende Maßnahmen:

  • ‘Vorsichtssparen’ minimieren, in dem die Regierung die Angst vor Arbeitslosigkeit reduziert, etwa durch Kurzarbeit, Arbeitsstiftungen, Beschäftigungsinitiativen für Langzeitarbeitslose sowie einer Job-Garantie. Weiters hilft es der Nachfrage, die Nettoersatzrate für das Arbeitslosengeld von aktuell 55 auf 70 Prozent anzuheben.

  • Hinsichtlich Verteilungsgerechtigkeit beim Sparpaket nachjustieren. Statt Familien- und Sozialleistungen einzufrieren, sollten Vermögen- und Erbschaftssteuern wiedereingeführt werden. Damit kann man die Konsumnachfrage von Einkommensärmeren und Familien erhalten und gleichzeitig die Sparquote von den Reichsten reduzieren.

  • Kapitalertragssteuer erhöhen. Andere Länder machen es längst und besteuern Kapitalerträge zusammen mit dem Einkommen. Dadurch lässt sich eine Progressivität in der Steuer erzielen. Hebt man den Steuersatz wie in Schweden (auf 30 Prozent) könnten 560 Millionen Euro pro Jahr an Mehreinnahmen generiert werden.

  • Rückkehr auf das alte Niveau der Körperschaftssteuer und Freigrenzen bei klimasozialen Investitionen einführen.

  • Abkehr von Einmalzahlungen und Überförderung sowie Abbau von Subventionen.

Die gesamte Analyse und mehr Details gibt es in der neuen Policy Note “Wie die Sparquote senken? Durch Umverteilung nach unten”. Zum Download