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Mindestsicherung: Pläne drohen Kinderarmut zu verschärfen

Ein neuer Policy Brief des Momentum Instituts zeigt: Die aktuellen Pläne von Bund und Ländern zur Reform der Mindestsicherung drohen die Kinderarmut in Österreich massiv zu verschärfen. Schon jetzt sind rund 18 Prozent aller Kinder armutsgefährdet. Das sind knapp 300.000 Kinder. Besonders betroffen sind Kinder von Alleinerziehenden.

Kinder stehen schon lange im Fokus von Kürzungen bei der Mindestsicherung. So haben in den letzten Jahren mehrere Bundesländer stark abfallende Kinderzuschläge beschlossen. In Wien beträgt der Zuschlag für jedes Kind 326 Euro, in Nieder- und Oberösterreich erhalten Eltern für das erste Kind noch 302 Euro, für das zweite aber nur mehr 182 Euro und für das dritte Kind gar nur 60 Euro. In Vorarlberg fallen die Zuschläge ab dem vierten Kind auf 160 Euro. Damit ist klar: mehr als ein Drittel der Bundesländer wertet Kinder unterschiedlich. „Das dritte Kind ist in Oberösterreich offenbar nur ein Fünftel so viel wert wie in Wien. Das widerspricht jedem Gleichbehandlungsgrundsatz”, sagt Miriam Frauenlob, Ökonomin am Momentum Institut.

Kinderreiche Familien sind die Ausnahme – aber im Fokus der Kürzungen

Die Debatte um die Höhe der Kinderzuschläge wird oft mit dem Verweis auf die angebliche Überzahl von kinderreichen Familien in der Mindestsicherung geführt. Die Familienrealität in Österreich sieht dabei völlig anders aus. Kinderreiche Familien sind die Ausnahme. Die Hälfte aller Familien hat nur ein Kind, 36 Prozent zwei Kinder. Nur zehn Prozent haben drei Kinder und lediglich drei Prozent vier oder mehr. Ähnlich sieht es bei den Bedarfsgemeinschaften in der Mindestsicherung aus. Paare mit drei oder vier Kindern machen jeweils nur drei Prozent aus. Insgesamt gibt es österreichweit rund 3.500 Paare mit vier oder mehr Kindern, die Mindestsicherung beziehen. „Die Reform richtet sich gegen eine demographische Ausnahmegruppe und bestraft am Ende vor allem Kinder“, warnt Frauenlob.

Referenzbudgets der Schuldnerberatung zeigen, dass die Mindestsicherung schon jetzt nicht ausreicht, um die tatsächlichen Kosten für Kinder zu decken. Eine alleinerziehende Person mit einem 14-jährigen Kind bräuchte 2.771 Euro im Monat, erhält aber nur 1.707 Euro. Es bleibt eine monatliche Lücke von 1.064 Euro. Wird wie geplant die Familienbeihilfe auf die Sozialhilfe angerechnet, wächst die Lücke auf 1.236 Euro. Noch dramatischer ist die Situation bei Paaren mit drei Kindern: Statt den benötigten 5.437 Euro stehen nur 3.618 Euro zur Verfügung, ein Minus von 1.819 Euro. Ohne Familienbeihilfe wächst die Lücke sogar auf 2.402 Euro.

Internationale Beispiele belegen: Kürzungen befeuern Armut

Internationale Beispiele zeigen deutlich auf, dass Kürzungen bei Kindern Armut befeuern und nicht die erwünschten Arbeitsmarkteffekte bringen. In Großbritannien werden seit 2017 Familienleistungen nur für maximal zwei Kinder ausgezahlt, was dazu führt, dass Familien mit drei oder mehr Kindern im Schnitt zehn Prozent ihres Einkommens verlieren. Die Kinderarmut stieg deutlich, ohne dass die Erwerbstätigkeit der Eltern zunahm.

Das Momentum Institut empfiehlt bundesweit harmonisierte und nicht-degressive Kinderzuschläge, eine jährliche Inflationsanpassung aller Sozial- und Familienleistungen und eine echte Kindergrundsicherung, die sich an den realen Kinderkosten orientiert.