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Inflation: MwSt-Senkung auf Lebensmittel kann Teuerung um 1 Prozent drücken
Inflation: MwSt-Senkung auf Lebensmittel kann Teuerung um 1 Prozent drücken
Die österreichische Inflation liegt noch immer über jener der Eurozone. Laut der jüngsten WIFO-Prognose erreicht Österreich den Inflationszielwert der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2 Prozent erst Mitte 2026. Spanien und Portugal haben zeitweise die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel gesenkt, Deutschland auf sämtliche Lebensmittel. Senkt die österreichische Bundesregierung die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, könnte die Inflationsrate um knapp einen Prozentpunkt sinken, wie eine Berechnung des Momentum Instituts zeigt. Neue Studien zu Spanien, Portugal und Deutschland zeigen: Supermärkte geben die Senkung vollständig an ihre Kundschaft weiter. Das ist auch für Österreich zu erwarten.
Am 1.1.2023 hat die spanische Regierung die Mehrwertsteuer auf ausgewählte Produkte gesenkt.1 Eine neue Studie der Banca d’Espana zeigt, dass der Lebensmittelhandel die reduzierte Mehrwertsteuer so gut wie vollständig an die Kundschaft weitergegeben hat. „Die Steuersenkung ist also auch als Entlastung bei der spanischen Bevölkerung angekommen. Österreich kann sich das als Vorbild nehmen, um die Lebensmittelpreise zu drücken und die Inflation dadurch spürbar zu senken“, sagt Oliver Picek, Chefökonom am Momentum Institut.
Auch für Portugal haben Wissenschafter:innen die Mehrwertsteuersenkung auf Grundnahrungsmittel untersucht. Dort erfolgte die Weitergabe der Steuersenkung an die Konsument:innen zu 99 Prozent.2 Das senkte die portugiesische Inflationsrate im Monatsvergleich um 0,7 Prozentpunkte. Schon 2020 senkte die deutsche Bundesregierung als Maßnahme im Rahmen der Corona-Pandemie die Mehrwertsteuer. Die Analyse der Maßnahme durch das ifo Institut zeigt ebenfalls, dass die Steuersenkung für Lebensmittel weitergegeben wurde.3 Im deutschen REWE-Konzern sanken damals die Preise im Schnitt um zwei Prozent, während das bei BILLA (einer REWE-Tochterfirma) in Österreich nicht der Fall war.
MwSt-Senkung kann Inflationsrate unter Eurozonen-Schnitt bringen
Der Inflationsabstand zwischen Österreich (3,4 Prozent) und der Eurozone (2,6 Prozent) betrug im Mai 2024 0,8 Prozentpunkte. Sinkt die Umsatzsteuersatz auf alle Nahrungsmittel von zehn auf null Prozent, würde das die Inflationsrate in Österreich um 0,96 Prozentpunkte senken. Senkt die Bundesregierung zusätzlich zu Nahrungsmitteln noch den Steuersatz auf alkoholfreie Getränke von zwanzig auf zehn Prozent, würde die Inflationsrate sogar um 1,07 Prozentpunkte sinken. Auf Lebensmittel wäre an der Supermarktkassa dann keine Steuer mehr zu bezahlen, während jene auf Getränke halbiert wäre. Senkt die Regierung die Mehrwertsteuer auf Nahrungsmittel und auf sämtliche Getränke (auch auf alkoholische) um je zehn Prozentpunkte, würde die Inflationsrate sogar um 1,21 Prozentpunkte sinken. Solch eine umfangreiche Senkung könnte die Inflationsrate in Österreich (Schnellschätzung Mai 2024) von 3,4 Prozent auf 2,2 Prozent reduzieren.
Das Momentum Institut empfiehlt eine zeitlich begrenzte Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel und Getränke. Um die Senkung treffsicherer zu machen, könnte man die Zahl der Lebensmittel auf Grundnahrungsmittel4 begrenzen wie in Portugal oder Spanien. Für größere Preissenkungen und eine größere Entlastungswirkung wäre jedoch eine umfangreiche Senkung auf alle Lebensmittel, wie in Deutschland, sinnvoll. „Mit einer Mehrwertsteuersenkung auf Nahrungsmittel und Getränke für ein Jahr lang bringen wir die Teuerung schlagartig in die Nähe des Zielwerts der Europäischen Zentralbank. Die EZB peilt zwei Prozent an. Damit kann die Regierung der übermäßigen Inflation in Österreich ein rascheres Ende bereiten”, so Picek abschließend.
Fußnoten
1 Spanien senkte die Mehrwertsteuer auf Brot, Mehl, Milch, Käse, Eier, Obst und Gemüse von 4 auf 0 Prozent. Für Pflanzenöl und Pasta von 10 auf 5 Prozent. Das sollte die Haushalte der spanischen Regierung zufolge 2023 um 1,32 Milliarden Euro entlasten.
2 Portugal senkte für mehrere Monate (von 18.4.2023 bis 4.1.2024) die Mehrwertsteuer von 46 Grundnahrungsmitteln von 6 Prozent auf 0 Prozent (einschließlich einiger Früchte, Gemüse, Hülsenfrüchte, Fleisch, Fisch, Milchprodukte, Getreide, und Öl). Für pflanzliche Öle galt bis dahin ein höherer Satz von 23 Prozent, der ebenso auf 0 gesenkt wurde.
3 Deutschland senkte von 1.7.2020 bis 31.12.2020 die Mehrwertsteuer auf alle Produkte und Dienstleistungen – nicht nur auf Lebensmittel. Für viele Grundnahrungsmittel wie Brot, Butter, Milch, oder Äpfel fällt die ermäßigte Mehrwertsteuer von 7 Prozent an (gesenkt auf 5 Prozent), für viele verarbeitete Lebensmittel (z.B. Apfelsaft, aber auch Sojamilch) der reguläre Satz von 19 Prozent (gesenkt auf 16 Prozent).
4 Selbst das hätte den Einkauf an der Supermarktkasse für das ärmste Fünftel der Haushalte um 4,5 Prozent verbilligt, siehe: https://www.momentum-institut.at/news/mehrwertsteuer-grundnahrungsmittel