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Equal Pay Day: Lohnlücke trotz “richtiger” Berufswahl
Equal Pay Day: Lohnlücke trotz “richtiger” Berufswahl
Heuer fällt der Equal Pay Day auf den 14. Februar. Von Jahresbeginn bis zum Valentinstag arbeiten ganzjährig vollbeschäftigte Frauen dieses Jahr statistisch gesehen gratis. Der Gender Pay Gap, also die Einkommenslücke zwischen Männern und Frauen, liegt in Österreich bei 12,4 Prozent. Werden auch Teilzeitbeschäftigte zur Berechnung herangezogen, klafft die Lohnschere sogar mit 35 Prozent. Als Grund für diesen eklatanten Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern wird oft das gewählte Studium bzw. die Ausbildung und in weiterer Folge der Beruf vorgeschoben. Eine Analyse des Momentum Instituts zeigt, dass Frauen selbst in gut bezahlten Männer-Branchen, wie im Ingenieurwesen oder der IT, weniger bezahlt wird als den männlichen Kollegen. In manchen Branchen selbst dann, wenn Frauen einen höheren Bildungsabschluss aufweisen.
Gender Pay Gap fängt beim Bildungsabschluss an
Die Daten zeigen uns bereits 18 Monate nach Bildungsabschluss einen enormen Unterschied der Einkommen. Am stärksten ist die Differenz bei Personen die einen Pflichtschulabschluss oder eine Polytechnische Schule absolviert haben. Hier wird Männern fast ein Drittel (31 Prozent) mehr bezahlt als Frauen. Auch bei Lehrberufen gibt es einen Unterschied in der Bezahlung von fast einem Viertel (23 Prozent). Bei Hochschul-Absolvent:innen mit Master oder Diplom sehen wir eine Einkommenslücke von 13 Prozent.
Bei bestimmten Studienrichtungen klafft die Lohnlücke zwischen weiblichen und männlichen Master-Absolvent:innen aber stärker auseinander. So liegt der Gender Pay Gap 1,5 Jahre nach dem Masterabschluss in Studienrichtungen, die unter das männlich dominierte “Ingenieurwesen, Verarbeitendes Gewerbe und Baugewerbe” fallen bei 17,5 Prozent. Unter “Dienstleistungen” fallen etwa die Sportwissenschaften, der Tourismus und das Freizeit- bzw. Veranstaltungsmanagement, hier zeigen uns die Daten einen Einkommensunterschied von 14,7 Prozent zwischen den Geschlechtern.
In der Dienstleistungs-Branche ist es sogar so, dass eine Frau drei Jahre nach ihrem Master-Abschluss bis zu 16 Prozent weniger bekommt als ein Mann, der nur einen Bachelor absolviert hat. Auch im Ingenieurwesen bekommen Frauen mit Master durchschnittlich um 11 Prozent weniger Gehalt als Kollegen mit Bachelorabschluss. “Selbst in gut bezahlten Männer-Branchen wird Frauen weniger gezahlt als den männlichen Kollegen, in etlichen Branchen sogar dann, wenn die weiblichen Beschäftigten einen höheren Bildungsabschluss aufweisen. Dass man die Augen besser offen hält bei der Berufswahl, um nicht dem Gender-Pay-Gap „zum Opfer zu fallen“, entpuppt sich somit nur als Märchen”, erläutert Katharina Mader, Chefökonomin am Momentum Institut.
MINT-Fach studieren richtet’s nicht
Entgegen der oft kolportierten Lösung „die Frauen müssen einfach die richtigen Berufe wählen”, zeigt die Analyse, dass die Lohndiskriminierung in männlich dominierten Branchen mitunter am größten ist. Drei Jahre nach einem Master-Abschluss liegt der Gender Pay Gap im Studienfeld „Ingenieurwesen, verarbeitendes Gewerbe und Baugewerbe“ immer noch bei 16 Prozent. Auch in der Informatik und Kommunikationstechnologie bekommen Frauen drei Jahre nach einem Master-Abschluss um 10 Prozent weniger als Männer, in den Naturwissenschaften bekommen sie um 9 Prozent weniger bezahlt. Der Gender Pay Gap in der Pädagogik wächst in eineinhalb Jahren von drei auf satte 12 Prozent an. Das deutet darauf hin, dass die überwiegend weiblich dominierte Arbeit in der Pädagogik dann stärker abgewertet wird, als es noch kurz nach dem Abschluss der Fall ist.
Hoher Frauenanteil bedeutet meist niedrigen Stundenlohn
Die sogenannte “Abwertungstheorie” besagt, dass Frauen selbst in gut bezahlten Männerbranchen weniger Gehalt bekommen als die männlichen Kollegen, weil die Arbeit von Frauen einen niedrigeren Stellenwert hat – sie wird ökonomisch entwertet. In der Realität bedeutet das: Drängen mehr Frauen in einen Beruf oder eine Branche, dann sinkt dort der Lohn. Das führt dazu, dass Berufe, in denen überdurchschnittlich viele Frauen arbeiten, strukturell schlechter bezahlt werden als Berufe, in denen überdurchschnittlich viele Männer sind (Branchenanalyse: Momentum Institut, 2023).
Gleichzeitig entstehen dadurch mehr gut bezahlte „Männerbranchen bzw. -berufe“ als gut bezahlte „Frauenbranchen“. Das zeigt der Vergleich der Frauen- und Männeranteile in den verschiedenen Branchen mit dem durchschnittlichen Bruttostundenlohn. Über alle Branchen hinweg liegt der durchschnittliche Bruttostundenlohn im Jahr 2022 bei etwa 23,40 Euro. Nun gibt es Berufe und Branchen, in denen der durchschnittliche Stundenlohn über diesem Mittelwert liegt, oder darunter und diese Branchen sind entweder männlich oder weiblich dominiert. Von 36 gut bezahlten Branchen, sind 29 männlich dominiert, lediglich sieben haben einen höheren Frauenanteil. Das Verhältnis der Geschlechter in gut bezahlten Branchen liegt also bei 80:20.
“Den Gender Pay Gap der Mutterschaft oder der „schlechten“ Berufsauswahl von Frauen in die Schuhe zu schieben, lassen die Analysen nicht länger zu. Es ist unausweichlich nun endlich anzuerkennen, dass der Gender Pay Gap zu einem großen Anteil aus der Diskriminierung von Frauen resultiert. Zeit nun mit wirksamen Maßnahmen diese Diskriminierung und die mit ihr verbundenen traditionellen Rollenbildern aufzubrechen”, empfiehlt Mader abschließend.
Das Momentum Institut empfiehlt:
Ausbau der öffentlichen Kinderbetreuung und Altenpflege, sowohl qualitativ als auch quantitativ.
Eine verpflichtende Väterkarenz kann dazu beitragen, dass Mütter wieder schneller in die Erwerbsarbeit zurückkehren.
Zusätzlich kann die verpflichtende Transparenz bei Gehältern Diskriminierung vorbeugen und dabei helfen, dass Frauen für die gleiche und gleichwertige Arbeit auch tatsächlich das gleiche Gehalt bezahlt bekommen.
Verpflichtende Frauenquoten auf allen Ebenen – sowohl in öffentlichen Einrichtungen als auch in der Privatwirtschaft, vor allem auch auf Vorstands- und Managementebenen und nicht nur in Aufsichtsräten.
Außerdem ist es empfehlenswert die Löhne in Niedriglohnbranchen anzuheben, etwa durch die Einführung eines KV-Mindestbruttolohns von 2.500 Euro.
Zur Analyse wurden die mittleren Bruttojahreseinkommen ganzjährig vollzeitbeschäftigter Personen in Österreich 2022 herangezogen (Statistik Austria, 2023).
Die gesamte Analyse und weitere Grafiken zum Thema finden Sie auf unserer Website.