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Umsatzersatz: Ungerecht und teuer
Auch Branchen, die bisher keinen Umsatzverlust hatten, werden entschädigt.
Wenig volkswirtschaftlicher Nutzen, hohe Kosten
Die von der Bundesregierung angekündigte Ausweitung des Umsatzersatzes auf den Einzelhandel ist ungerecht und teuer. “In der aktuell avisierten Form entpuppt sich der Umsatzersatz als pauschales Instrument, das wenig treffsicher ist und sehr viel kostet”, moniert Oliver Picek, Chefökonom des Momentum Instituts.
Möbelhandel, Elektro, Baumärkte mit 5% im Plus
Im Handel gibt es große Unterschiede bei der Umsatzentwicklung zwischen den einzelnen Sparten. Während der Textilhandel im Vergleich zum Vorjahr im Zeitraum März bis Oktober Umsatzeinbußen von 20% zu verkraften hat, florierten andere Bereiche trotz des ersten Lockdown. „Möbelhändler, Elektro-Geschäfte und Baumärkte haben heuer ein Umsatzplus von 5% gemacht. Sie konnten Umsätze sehr gut in andere Monate verschieben und den Lockdown-Verlust mehr als aufholen. Auch diesen Krisengewinnern üppige Entschädigungen zu zahlen, halte ich gegenüber den Steuerzahlern für unverantwortlich“, sagt Picek.
Subventionsgewinne durch Überförderung
Die voraussichtlich 20% Prozent an Umsatzersatz in diesen Sparten werden daher wohl als staatlich finanzierte Überförderung wirken, die direkt die Gewinne der Betriebe erhöht. Für den Handel liegt zwar noch keine Branchenliste des Bundesministeriums für Finanzen vor, doch Kriterien und Werte für einige Bereiche wie Blumen- oder Möbelhandel wurden genannt. So ist für den Handel im November ein Umsatzersatz von 20% bis 60% Prozent geplant. Anhand dieser öffentlich kommunizierten Kriterien hat das Momentum Institut geschätzte tatsächliche Umsätze von März bis Oktober mit dem zu erwartenden Umsatzersatz in einzelnen Handelssparten verglichen.
In der Grafik noch gar nicht berücksichtigt sind andere staatliche Beihilfen wie die Kurzarbeit oder der Fixkostenzuschuss, die zur Überförderung beitragen. Auch für den Handel gilt daher: Einmalig anfallende Kosten werden durch andere staatliche Zahlungen teils zwei Mal refundiert. Weil sich der Umsatzersatz am November 2019 bemisst, werden auch fiktive Kosten abgegolten, die im November 2020 während des Lockdowns gar nicht anfallen.
Doppelförderungen vermeiden
Leitlinie staatlicher Wirtschaftshilfen während der Pandemie muss sein, dass Wirtschaftshilfen in Relation zum entstandenen Schaden stehen. Bisherige staatliche Krisenhilfen wie Fixkostenzuschuss, Stundungen und Haftungen erfüllen dieses Kriterium. Der Umsatzersatz tut das nicht: Zahlungen durch Doppelförderungen, die für eine Reihe von Branchen teils weit über den entstandenen Schaden hinaus gehen, belasten das Budget für die Zukunft, ohne positive volkswirtschaftliche Effekte zu bringen. “Den bisherigen Weg zwischen notwendigen, gut begründbaren Krisenhilfen und Schutz des staatlichen Budgets hat das Finanzministerium mit dem Umsatzersatz deutlich verlassen. Das Sparschwein wurde geschlachtet, und jeder will jetzt zugreifen”, kritisiert Picek.
Kosten über 5 Mrd. Euro
Der Umsatzersatz kostet in seiner bisher bekannten Form nach Berechnungen des Momentum Instituts rund 3 Mrd. Euro, bei einer Ausweitung auf den Großhandel über 5 Mrd. Euro.
Fazit von Oliver Picek: „Dadurch käme es auch im Handel teilweise zu staatlich finanzierten Subventionsgewinnen. Der zweite Lockdown darf nicht als Ausrede dafür dienen, das Geld der Steuerzahler großflächig an Branchen zu verteilen, die bisher gut durch die Krise gekommen sind.“