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Preisdeckel: Drei Möglichkeiten, den Strompreis zu bremsen

Mangels ausreichender erneuerbarer Stromproduktion und durch die Preissetzung am Strommarkt über das Merit-Order-Prinzip treibt der hohe Gaspreis derzeit auch die Strompreise nach oben. Das letzte Kraftwerk am Markt, das zur Deckung des Gesamtbedarfs noch benötigt wird, bestimmt den Strompreis. Das ist meist ein teures Gaskraftwerk. Mit Preisdeckeln ließe sich der Strompreis drastisch reduzieren. Das würde nicht nur eine Entlastung bei der Stromrechnung bringen, sondern generell die Inflation dämpfen. Das Momentum Institut hat drei Möglichkeiten analysiert, wie ein Preisdeckel umgesetzt werden könnte.

Möglichkeit 1: Schweizer Modell – Strommix statt Merit-Order-Prinzip

Eine Möglichkeit, den Strompreis vom Gaspreis zu entkoppeln, setzt direkt bei der Preissetzung an: Statt den Preis über das teuerste Kraftwerk festzulegen, könnte die Preissetzung über die Durchschnittskosten erfolgen. In der Schweiz ist das bereits der Fall. Steigende Gaspreise übersetzen sich dadurch weniger stark in die Strompreise. Der Preis gibt den tatsächlichen Strommix wieder: je mehr erneuerbare Stromerzeugung, desto niedriger der Preis.

Für Österreich könnte der Strompreis dadurch um rund 56 Prozent reduziert werden. Denn der Anteil an Gas an der österreichischen Stromproduktion ist gering: Von 1. Bis 14. Juli 2022 wurden nur rund drei Prozent des gesamten in Österreich produzierten Stroms aus Gaskraftwerken gewonnen. Der Großteil, rund 94 Prozent, stammt aus günstigen erneuerbaren Energien, wie Wasser-, Solar- und Windkraft. In den ersten beiden Juliwochen wäre der Großhandelsstrompreis so um etwa 190 Euro niedriger gewesen. Dementsprechend hoch sind auch die Übergewinne, die Stromproduzenten aktuell lukrieren. In den ersten beiden Juliwochen betrugen die Umsätze aus der erneuerbaren Stromproduktion das Drei- bis Vierfache der Gestehungskosten, also der Produktions- und Investitionskosten.

„Das Merit-Order-Prinzip war eine politische Entscheidung, es wurde von Österreich und den anderen Mitgliedsstaaten der EU so festgelegt. Es lässt sich auch wieder ändern, sofern der politische Wille dazu vorhanden ist. Wollen wir eine langfristige Lösung, wird hier ein Umdenken notwendig werden“, sagt Joel Tölgyes, Ökonom am Momentum Institut.

Möglichkeit 2: Spanisches Modell – mit Gaspreisdeckel den Strompreis bremsen

Auch ein Preisdeckel auf jenes Gas, das für die Stromproduktion bezogen wird – wie in Spanien und Portugal bereits der Fall – könnte die Strompreise in Österreich deutlich reduzieren. Deckelt man den Gaspreis für Stromproduzent:innen beispielsweise bei 100 Euro pro Megawattstunde, würden die Strom-Großhandelspreise um rund 46 Prozent sinken, zeigt eine Berechnung des Momentum Instituts. Schon einkalkuliert ist dabei die Finanzierung des Preisdeckels, die auf alle Konsument:innen umgelegt werden würde. Nachdem momentan nur rund drei Prozent des in Österreich produzierten Stroms aus Gaskraftwerken stammt, kommt der Preisdeckel den Konsument:innen sehr günstig.

Wesentlich wäre eine europaweite Umsetzung. „Ein einseitiges Vorgehen würde zu überschießenden Exporten des günstigen Stroms aus Österreich führen. Für den inländischen Verbrauch müsste erst recht teurer Strom zugekauft werden. Gleichzeitig würde die Stromproduktion aus Gaskraftwerken hochgefahren, um den Strombedarf zu decken. Um diese Effekte zu vermeiden, wäre eine Umsetzung auf europäischer Ebene notwendig“, erklärt Tölgyes.

Möglichkeit 3: Deckel auf den Haushalts-Grundbedarf

Um Haushalte direkt zu entlasten, könnte man den Haushalts-Grundbedarf an Strom deckeln. Die Großhandelspreise für Strom werden durch die Stromversorger zeitverzögert an die Haushalte weitergegeben. Je nach Bundesland und Stromanbieter drohen auch kommendes Jahr deutliche Preissteigerungen. In Wien steht Anfang kommenden Jahres für einen durchschnittlichen Zweipersonenhaushalt zumindest eine Verdopplung der jährlichen Stromrechnung um 680 Euro an. Ein Strompreisdeckel für Haushalte könnte die Mehrkosten für einen durchschnittlichen Wiener Haushalt um 340 Euro senken. Gedeckelt würde ein vordefinierter Grundbedarf auf Strom, etwa die Hälfte des durchschnittlichen Jahresverbrauchs. Dieser wird mit dem derzeitigen Preis für die Zukunft festgesetzt. Der darüberhinausgehende Stromverbrauch wird weiterhin mit dem Marktpreis verrechnet, wodurch der Anreiz zum Energiesparen erhalten bleibt. Auch hier würden Übergewinne abgeschöpft werden, bevor sie überhaupt entstehen.

Alle drei Varianten sind dazu geeignet, den Strompreis zu senken und insbesondere Haushalte zu entlasten. „Stromkonzerne, die erneuerbar produzieren, fahren momentan aufgrund des künstlich geschaffenen Merit-Order-Prinzips enorme Übergewinne ein, die von der Allgemeinheit finanziert werden. Nun sollte es darum gehen, diese Marktverzerrung zu korrigieren und eine drohende soziale Krise im Winter zu vermeiden. Mit Preisdeckeln kann das gelingen“, so Tölgyes. 80 Prozent der durchschnittlichen Stromrechnung zu ersetzen, wie von WIFO-Chef Felbermayr vorgeschlagen, wäre dafür nicht geeignet: „Die Marktverzerrung würde damit nicht behoben werden. Die staatliche Unterstützung würde direkt in die Übergewinne der Energiekonzerne fließen“, so Tölgyes.

Ausführliche Information zu den jeweiligen Möglichkeiten der Strompreis-Deckelung gibt es auf unserer Website.

Die Strompreise steigen weiter an. Mit Preisdeckeln könnte man die Strompreise drastisch senken, zeigen Berechnungen des Momentum Instituts.