Neuer Rekord bei Langzeitarbeitslosigkeit

  • Rund 171.000 Langzeitarbeitslose Ende Dezember

  • Sprunghafter Anstieg bei 25- bis 44-Jährigen, Verdreifachung seit 2008

  • Öffentliche Beschäftigungsprogramme für Langzeitarbeitslose notwendig

Das Corona-Virus und das schwache Pandemie-Management in Österreich sorgen für einen neuen Rekord bei der Langzeitarbeitslosigkeit. Noch nie waren in Österreich so viele Menschen länger als ein Jahr auf Jobsuche als Ende Dezember 2020. Das zeigt eine neue Analyse des Momentum Instituts. Inklusive SchulungsteilnehmerInnen (alle außer FachkräftestipendiatInnen) betrug ihre Zahl zuletzt rund 171.000 Personen. „Das übertrifft den bisherigen Rekord von knapp 165.000 aus dem Februar 2017 markant, überrascht aber nicht, weil wir seit Beginn der Pandemie einen rasanten Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit beobachten“, analysiert Oliver Picek, Chefökonom des Momentum Instituts und ergänzt: „Weitere Negativrekorde sind absehbar, wenn die Politik nicht massiv gegensteuert.“

Auch wenn SchulungsteilnehmerInnen außen vor bleiben und „nur“ die beim AMS als „arbeitslos“ eingestuften Personen gezählt werden, gab es mit Dezember 2020 einen neuen Rekord von knapp 137.000 Langzeitarbeitslosen. „Diese vom AMS verwendete Zahl kaschiert allerdings das wahre Ausmaß des Problems“, moniert Picek. Das Momentum Institut setzt daher auf eine umfassende Berechnung unabhängig von der konkreten Status-Einstufung beim AMS. Diese inkludiert die große Gruppe der SchulungsteilnehmerInnen sowie alle anderen seit mehr als einem Jahr beim AMS als arbeitslos gemeldeten Personen (außer FachkräftestipendiatInnen).

Sprunghafter Anstieg bei 25- bis 44-Jährigen

Der Großteil der Langzeitarbeitslosen ist männlich und verfügt über einen Pflichtschulabschluss. Über 55-Jährige bilden mit Abstand die größte Gruppe, unter 25-Jährige sind am zweitstärksten betroffen. Alarmierend ist allerdings, dass seit Corona die höchsten Zuwachsraten mit 31 % Menschen im Haupterwerbsalter zwischen 25 und 44 Jahren aufweisen.

Langzeitarbeitslosigkeit über fünf Jahre verfünffacht

Besonders besorgniserregend: Die Anzahl jener Menschen, die seit mehr als fünf Jahren keine Arbeit finden, hat sich seit 2012 auf fast 22.000 Personen verfünffacht. Der zu kurze Wirtschaftsaufschwung 2016 bis 2019 reichte nicht aus, um diesen Trend umzukehren.

Verdreifachung seit 2008

Seit 2008 hat sich die Langzeitarbeitslosigkeit verdreifacht und einen Sockel von rund 150.000 Betroffenen gebildet. Mit Unterbrechung der wirtschaftlich besseren Jahre 2017 bis 2019 wächst dieser stetig und schwankt auch saisonal kaum. Hauptgrund für die sich verfestigende Langzeitarbeitslosigkeit seit der Finanzkrise war die ökonomische Stagnation ab 2011. „Die Austeritätspolitik in Europa kombiniert mit Sparpaketen in Österreich schuf zu wenig neue Stellen, um das steigende Arbeitskräfteangebot zu absorbieren“, erklärt Picek.

Masterplan 2021 gegen Langzeitarbeitslosigkeit

Will Österreich die Fehler der Vergangenheit vermeiden und einen weiteren dauerhaften Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit verhindern, braucht es für ihn ab 2021 einen Masterplan gegen Langzeitarbeitslosigkeit: „Bis zur flächendeckenden Impfung gegen Corona kann ein höheres Arbeitslosengeld die finanziellen Nöte lindern. Ab dem zweiten Halbjahr 2021 muss die aktive Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit im Zentrum stehen. Eine solche müsste die Bundesregierung schon jetzt vorplanen.” Dazu gehört ein zweites, kräftiges Konjunkturpaket mit einem Ausbau der öffentlichen Beschäftigung, beispielsweise in der Pflege und der Bildung. Teil eines Masterplans sollte auch ein öffentliches Beschäftigungsprogramm für Langzeitarbeitslose sein. "Das wäre eine besonders treffsichere Maßnahme, weil es direkt zusätzliche Arbeitsplätze speziell für Langzeitarbeitslose schaffen würde“, so Picek.

Das Corona-Virus und das schwache Pandemie-Management in Österreich sorgen für einen neuen Rekord bei der Langzeitarbeitslosigkeit. Mit Stand 31. Dezember 2020 waren exakt 171.191 Menschen länger als ein Jahr auf Jobsuche - so viele wie nie zuvor in der Zweiten Republik. Ursachen, Entwicklung und Hintergründe in unserer neuen Analyse.