Miete steigt deutlich schneller als Lohn

Vermieter:innen nutzen die Teuerung für rasche Mieterhöhungen. Löhne und Gehälter halten damit nicht Schritt. Freie Mietverträge ziehen relativ zu den Gehältern ab Herbst 2022 davon, Richtwertmieten im Altbau ab dem kommenden Frühjahr. Am stärksten ziehen die Kategoriemieten an, sie werden im Dezember bereits zum dritten Mal in diesem Jahr angehoben.

In den vergangenen drei Jahren zogen die Mieterhöhung jenen bei Löhnen und Gehältern davon. In den knapp drei Jahren seit Pandemiebeginn – von Jänner 2020 bis November 2022 – erhöhten sich die monatlichen kollektivvertraglichen Löhne und Gehälter um 5,8 Prozent. Die Miete eines freien Mietvertrags, der außerhalb des Vollanwendungsbereichs des Mietrechtsgesetzes liegt, stieg seitdem mehr als doppelt so stark um 12,2 Prozent. Die Miete in einer Wohnung der „Kategoriemiete“ (v. a. Altbauten mit Mietvertragsabschluss 1982–1994) stieg um 11,2 Prozent. „Mit Dezember flattert den Mieter:innen dieser Wohnungen zudem eine weitere Mieterhöhung ins Haus, womit die Miete um 17,5 Prozent über der aus 2020 liegen wird“, erläutert Alexander Huber, Ökonom am Momentum Institut. Lediglich die Richtwertmieten – für Mietverträge in Altbauten, die nach 1994 abgeschlossen wurden – entspricht bisher mit 5,8 Prozent Anstieg jenem der Löhne und Gehälter laut Tariflohnindex der Statistik Austria. Mieter:innen in Genossenschaftswohnungen erfuhren tendenziell keine drastischen Mietanstiege.

Anstieg der Mieten zieht Gehaltserhöhungen 2023 davon

2023 werden die prozentuellen Mietanstiege noch deutlicher über jenen der Löhne und Gehälter liegen. Bis Mitte 2023 steigt die Miete eines freien Mietvertrags, abgeschlossen Anfang 2020, um 18,7 Prozent. Löhne und Gehälter steigen jedoch bis Jahresende 2023 nur um 12,9 Prozent. Im Vergleich zum Jahr 2020 steigen die Richtwertmieten im Laufe des kommenden Jahres um 14,8 Prozent, die Kategoriemieten gar um 23,4 Prozent. “Betroffene Mieter:innen müssen einen immer größeren Teil ihres Einkommens für die Miete aufwenden. Bei gleichzeitig steigenden Energie- und Lebensmittelkosten wird das für einige zu einer unlösbaren Aufgabe”, so Huber.

Der Prognose 2023 zugrunde liegt die von Wirtschaftsforschungsinstituten und Nationalbank erwartete Inflationsrate im kommenden Jahr von 6,5 Prozent. Die Lohnentwicklung entspricht dem Tariflohnindex der Statistik Austria bis September 2022, die Prognose danach folgt eng dem vorausschauenden “Wage Tracker” der Österreichischen Nationalbank.

Erreicht der Verbraucherpreisindex einen gewissen Schwellenwert, können Vermieter:innen vertraglich die Miete erhöhen. Bei freien Mietverträgen liegt diese Schwelle meist bei fünf Prozent, bei Kategoriemieten sind die fünf Prozent sogar gesetzlich vorgegeben. Allein im Jahr 2022 kommt es dort bereits zu drei Mieterhöhungen in nur einem Jahr. Die erste Erhöhung der Kategoriemieten im April wurde aus der Corona-Zeit 2020 nachgeholt, als die Bundesregierung die Mieterhöhung ein Jahr nach hinten verschoben hat. Die Richtwertmieten steigen gesetzlich jedes zweite Jahr mit der durchschnittlichen Inflationsrate. Nach der Corona-bedingten Aussetzung im Jahr 2021 wurden die Richtwerte heuer im April um 5,8 Prozent angepasst und werden bereits im kommenden Frühjahr erneut um 8,5 Prozent steigen.

Mieterhöhungen treffen Städter:innen häufiger

Etwa vier von zehn Haushalten in Österreich wohnen zur Miete. Auf Bundesländereben gibt es teils enorme Unterschiede: Während in Wien drei Viertel der Menschen mieten, sind es in Kärnten, der Steiermark und Oberösterreich 34 Prozent, im Burgenland hingegen nur 20 Prozent. „Gerade in Anbetracht der akuten Teuerung gilt mehr denn je: Wer wenig hat, der muss ohnehin zur Miete wohnen. Menschen mit niedrigen Einkommen treffen die enormen Mietpreissteigerungen deswegen am härtesten“, warnt Alexander Huber, Ökonom am Momentum Institut. Im untersten Einkommensfünftel wohnen sechs von zehn Haushalte zur Miete.

Die gesetzlich geregelten Mieterhöhungen bei Richtwert- und Kategoriemieten treffen vor allem Wiener Haushalte, gefolgt von jenen in der Steiermark. Anteilig die meisten Menschen mit freiem Mietzins wohnen in Vorarlberg, gefolgt von Salzburg, Tirol und Wien.

Hausgemachte Teuerung bei Mieten lässt sich bremsen

Wenn die Mieten mit der Inflation erhöht werden, werden sie selbst zu einem wesentlichen Treiber der Teuerung. „Bei den hohen Energiepreisen handelt es sich um importierte Inflation. Bei den Mieten ist die Teuerung aber hausgemacht. Würde man hier gezielt eingreifen, ließe sich die Teuerung besser dämpfen“, erklärt Huber. Andernorts in Europa wurde dieses Problem bereits erkannt: In Spanien und Portugal dürfen Mieten in den nächsten Jahren nur noch einmal jährlich um maximal zwei Prozent steigen. In Schottland werden die Mietpreise vorübergehend eingefroren. Das Momentum Institut empfiehlt auch für Österreich, Mieterhöhungen gesetzlich einzubremsen, sodass sie nicht schneller als die Löhne und Gehälter steigen.