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Kaufkraft sinkt: 2022 droht größter Reallohnverlust seit Jahrzehnten
Knapp vier Prozent Reallohnverlust wird für 2022 im Vergleich zum Vorjahr erwartet. Damit droht den unselbstständig Beschäftigten in Österreich der größte Kaufkraftverlust seit Jahrzehnten, zeigt eine Grafik des sozialliberalen Momentum Instituts.
Die Europäische Kommission erwartet einen Kaufkraftverlust der Löhne der österreichischen Arbeitnehmer:innen um 3,9 Prozent im Jahr 2022. Das ist der bei weitem größte Verlust an Kaufkraft seit über sechzig Jahren, wesentlich größer als jener mit 1,1 Prozent im Jahr 2011 oder im Jahr 2001 mit 0,9 Prozent. Das ist ein deutlicher Unterschied zu den 1970ern, als die Sozialpartner in Zeiten hoher Inflation trotzdem Lohnabschlüsse über der Inflationsrate verhandelt haben. Die Kaufkraft jeder Arbeitnehmer:in stieg damals jedes Jahr weiter und viel stärker als in den vergangenen Jahren. Von 1960 bis 1990 sanken die Reallöhne nur ein einziges Mal. Ab 1991 gab es hingegen einschließlich 2022 neun Jahre, in denen die Kaufkraft der Löhne sank.
Der sinkende Reallohn 2022 ist Folge der rapide steigenden Inflation, die den Lohnabschluss des letzten Jahres überflügelt hat. „Ohne Gehaltserhöhung droht nächstes Jahr ein mindestens ebenso deutlicher, wenn nicht sogar noch größerer Kaufkraftverlust für Beschäftigte. Damit die Kosten des Krieges inklusive hoher Energiepreise nicht alleine von den Arbeitnehmern getragen werden, müssen die Löhne mit den Preisen mitziehen – zumindest im Nachhinein“, erläutert Jakob Sturn, Ökonom am Momentum Institut.
Hinweise auf eine Preis-Lohn-Spirale gibt es hingegen nicht. Bei den Lohnverhandlungen bildet traditionell der Jahresdurchschnitt der Teuerung seit dem vorangegangenen Herbst die Verhandlungsbasis, nicht aber die aktuelle Inflation. Erstere liegt heuer bei 6,2 Prozent und damit deutlich unter der aktuellen Inflationsrate von 9,3 Prozent im August.
„Die Unternehmen können jederzeit die Preise erhöhen, die Gewerkschaften aber nur einmal im Jahr nachziehen. Selbst das geschieht mit angezogener Handbremse, weil die Inflation der Vergangenheit in den Verhandlungen verwendet wird. Sie liegt deutlich niedriger als die aktuelle. Das hilft den Unternehmen, reale Lohnkosten einzusparen. In Zeiten steigender Teuerung nehmen sie damit den Arbeitnehmern reale Kaufkraft weg“, erklärt Sturn.