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EZB kauft primär Anleihen fossiler Unternehmen

  • Zwei Drittel der EZB-Käufe von Unternehmensanleihen in Österreich Öl- und Gasindustrie zuzurechnen

  • Momentum Institut empfiehlt grüne Ausrichtung der Geldpolitik

  • Nachhaltigkeitskriterien für Aufnahme von Unternehmen in EZB-Kaufprogramm notwendig

Die Europäische Zentralbank (EZB) kauft im Euro-Raum im Rahmen ihres Corporate Sector Purchase Programme (CSPP) seit Jahren in großem Stil Unternehmensanleihen. Private Investitionen und die Finanzierung von Firmen sollen so unterstützt werden. Der Anteil der fossilen Industrien im österreichischen Teil des Kaufprogramms betrug im Oktober 2020 rund 62%. Das zeigt eine neue Analyse des Momentum Instituts.

Gekauft werden grundsätzlich nur Anleihen von Unternehmen mit guter Bonität. Zudem folgt die EZB dem Prinzip der Marktneutralität. Das bedeutet, neue Käufe teilt die EZB nach dem Marktanteil der jeweiligen Unternehmen am Anleihenmarkt auf, um Preisverzerrungen zu vermeiden.

Zwei Drittel fossile Industrien

„Die genaue Zusammensetzung ihres Portfolios hält die EZB zwar geheim. Weil sie bei ihren Käufen aber marktneutral agiert, kann daraus geschlossen werden, dass ihre gesamten Anleihenkäufe sich entsprechend den Marktanteilen der jeweiligen Unternehmen am Anleihenmarkt aufteilen“, analysiert Oliver Picek, Chefökonom des Momentum Instituts.

In Österreich sind die in Frage kommenden Unternehmen zu 62% Firmen der Öl-, Gas- und petrochemischen Industrie. Dazu zählen die OMV, Borealis und die strategische Erdölreserve des Bundes (ELG). Das verbleibende Drittel teilt sich auf andere Branchen auf.

„Auch wenn die Motive natürlich ganz andere sind, unterstützt die EZB am Anleihenmarkt damit indirekt klimaschädlichere Industrien“, sagt Picek. Im Vergleich zum Sommer 2019 ist der Anteil fossiler Unternehmen im österreichischen Kapitel des EZB-Kaufprogramms um die Hälfte von 42% auf 62% Prozent gestiegen. Auch Anleihen von Energiefirmen mit ökologischem Energiemix waren damals mit 25% mehr als doppelt so stark vertreten wie im Oktober 2020.

Klimaschutz im EZB-Mandat angelegt

„Neben der Preisstabilität ist im Mandat der EZB auch die Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik der EU verankert. Dazu zählt auch der Klimaschutz“, erklärt Picek. Die derzeitige Zusammensetzung des Anleihenkaufprogramms unterminiert allerdings die Klimaschutzbemühungen der Europäischen Union. Große Erdöl- und Gaskonzerne können sich mit Hilfe der EZB billiger finanzieren, während kleine Solar- oder Windkraftbetreiber gar keine Anleihen hoher Bonität begeben.

Klimaverträgliche Geldpolitik

Die Klimakrise hat das Potenzial, das Preisstabilitätsziel der EZB zu gefährden. So führen etwa Naturkatastrophen zu starken Schwankungen der Lebensmittelpreise. Die Finanzmarktstabilität kann durch die Auswirkungen des Klimawandels ebenfalls ins Wanken geraten. Auch unter dem Gesichtspunkt der Preisstabilität wäre es somit Aufgabe der EZB, die Klimaziele der EU zu unterstützen. Beim letzten EU-Gipfel Mitte Dezember wurde eine Reduktion der CO2-Emissionen bis 2030 um 55% gegenüber dem Niveau 1990 vereinbart.

Das Momentum Institut plädiert daher für eine Ökologisierung der EZB-Geldpolitik: „Nachhaltigkeitskriterien sollten in die konkrete Kaufentscheidung der Zentralbank bei Unternehmensanleihen miteinfließen. Zudem müsste die EZB in ihren längerfristigen Refinanzierungsoperationen für Banken Kredite für nachhaltige Projekte finanziell begünstigen“, empfiehlt Picek.

Rund 62 % der österreichischen Anleihen im Unternehmensanleihen-Kaufprogramm „CSPP“ der Europäischen Zentralbank (EZB) sind der Erdöl- und Gasindustrie zuzurechnen. Nachhaltigkeitskriterien wären sinnvoll.