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EU-Wiederaufbauplan: Nur 4 Prozent sind wirklich neu
Nur 4% des Investitionsvolumens sind wirklich neu, zeigt eine Schnellanalyse des Momentum Instituts zum österreichischen Vorschlag für den EU-Wiederaufbauplan (Recovery and Resilience Facility). Zudem wird die Effektivität, mit der die eingestetzten Milliarden CO2-Einsparungen auslösen sollen, offenbar um das bis zu 115-Fache überschätzt.
Der nach Brüssel gelieferte Plan, der den Expert:innen des Momentum Instituts vorliegt, beinhaltet Projekte von 4,5 Mrd. Euro, das entspricht 1,2% der Wirtschaftsleistung 2020 (nominelles BIP). Mit jetzigem Stand wird Österreich EUR 3,46 Mrd. Zuschüsse aus dem Plan bekommen.
Nur vier Prozent des veranschlagten Investitionsvolumens ist aber tatsächlich neu. Der Rest ist zur einen Hälfte bereits umgesetzt oder in Umsetzung, zur anderen Hälfte im Regierungsprogramm verankert. Eine später Arbeitsbeginn und der daraus entstehende Zeitdruck dürften dazu geführt haben, dass kaum neue Politikvorschläge erdacht wurden. Als Konsequenz wird weniger Geld als möglich für zusätzliche, die Wirtschaft belebende Projekte eingesetzt.
Konkret bedeutet dies etwa, dass ein Fünftel des gesamten Volumens für den Breitbandausbau aufgewendet werden soll. Obwohl diese durchaus sinnvolle Maßnahme nicht zum ersten Mal in einem Regierungsprogramm steht, findet nun erstmals eine konkrete Mittelbedeckung mit knapp EUR 900 Mio. statt. Unter der Überschrift "Neue Bahnstrecken" möchte sich die Regierung Kosten für den bereits im Bau befindlichen Koralmtunnel von der EU zurückholen.
Die Maßnahmen des Programmes umfassen Investitionen von etwa 4,5 Mrd. Euro, verteilt auf die Jahre 2020 bis 2026. Das entspricht rund 1,2 % des BIP, die aber auf sechs Jahre aufgeteilt werden. Vor allem dieser lange Zeitraum macht den gesamtwirtschaftlichen Impuls für Wachstum und Beschäftigung kaum mehr spürbar. Je nach Pfad für das "Potenzialwachstum", der hypothetischen Höhe des Wirtschaftswachstums ohne Corona-Krise, hat der Plan im Jahr 2024 nur zwischen 6% und 12% dieser sogenannten Produktionslücke geschlossen. Um der Pandemie wirtschaftlich wirklich zu entfliehen, bräuchte es noch viel weitergehende Maßnahmen, die in den nächsten Jahren jährlich zwischen EUR 10-20 Mrd. an zusätzlicher Wirtschaftsleistung auslösen.
CO2-Effekte bleiben unklar
Der Wiederaufbauplan spricht selbstbewusst davon, dass die Durchführung der Maßnahmen eine Einsparung von 20 Millionen Tonnen CO2 bringen soll und damit die Pro-Kopf-Emissionen von 9,2 auf 6 Tonnen sinken. Wie diese Zahlen berechnet werden, bleibt allerdings unklar. Zum Vergleich: Der nationale Energie- und Klimaplan (NEKP) der Bundesregierung soll bei einem gesamten Investitionsvolumen von 166-173 Mrd. Euro im Zeitraum von 2021 bis 2030 Einsparungen von 14,2 Millionen Tonnen bringen. Nimmt man die Zahlen des Wiederaufbauplans ernst, so führt das zu absurden Schlüssen: Dass die Maßnahmen des Wiederaufbauplans 115-mal effizienter seien als jene des NEKP, darf man berechtigterweise bezweifeln.
HINWEIS AN DIE REDAKTIONEN
Die Langfassung der Schnell-Analyse wird in einigen Stunden veröffentlicht. Für eine Ersteinschätzung stehen Chefökonom Oliver Picek und Barbara Blaha für Interviews etc. zur Verfügung.