Die Steuerreform im ersten Check

Die Analyse der Steuerreform 2021 durch die sozialliberale Denkfabrik Momentum Institut zeigt ein sehr durchwachsenes Bild: Für das Klima reicht es bei weitem nicht – dazu ist der nun eingeführte CO2-Preis einfach zu gering. Die Tarifsenkungen der Einkommensteuer, der ausgeweitete Familienbonus und die Begünstigung von Mitarbeiter-Beteiligungen kommen vor allem Mittel- und Besserverdiener:innen zugute. Problematisch sind die gegen Expert:innenrat durchgeführten Senkungen bei der KÖSt – sie bringen kleinen Unternehmen gar nichts, belasten das Budget aber dauerhaft. Positive Effekte auf Wachstum und Investitionen sind bestenfalls umstritten; unter Verteilungs-Gesichtspunkten gesehen profitiert vor allem das reichste Prozent der Haushalte.

Umweltsteuern: Das ist zu wenig

Der geplante CO2-Preis von 30 Euro pro Tonne, also ca. 8 Cent pro Liter Benzin, ist zu niedrig, um die notwendigen Lenkungswirkungen zu erreichen. Hier wäre ein Einstiegspreis von 50–60 Euro mit mittelfristigem Anstieg auf über 100 Euro notwendig gewesen. Die Rückverteilung über einen pauschalen Klimabonus ist besonders für niedrige Einkommen wichtig, die regionale Komponente sorgt für Treffsicherheit. Was fehlt ist aber eine gezielte Unterstützung für Mieter:innen. Diese können nicht direkt entscheiden, womit sie heizen wollen, denn der Heizungstausch obliegt den Vermieter:innen.

Die Entwicklung des Benzinpreises zeigt: der Zuschlag selbst einer höheren CO2-Steuer ist geringer als die Markt-Schwankungen der letzten Jahre. Große Lenkungseffekte lassen sich mit einem so geringen CO2-Preis nicht erzielen - noch dazu, wenn das Dieselprivileg unangetastet bleibt.

Die Rückverteilung über einen Pro-Kopf-Bonus ist sinnvoll, wenn auch (siehe Grafik) aktuell überschießend: es wird mehr rückverteilt als eingenommen. Eine regionale Komponente beim Klimabonus nimmt Rücksicht auf Verfügbarkeit von Alternativen und ist durchaus zu begrüßen. Es fehlt aber eine analoge Regelung für die Mieter:innen, die die Heizsysteme ihrer Wohnungen selbst nicht beeinflussen können und durch höhere Gaspreise belastet werden. In beiden Bereichen ist die Steuer aber nur ein erster Schritt, auch ordnungspolitische Eingriffe sind nötig.

Einkommensteuern: Vor allem Besserverdienende profitieren

Die Senkung der Steuersätze der zweiten und dritten Tarifstufe lässt vor allem die oberen Mittelschicht profitieren. Mit einem Einkommen von 2.100€ bekommt man EUR 137 pro Jahr mehr. Ab 6.000€ sind es dagegen jährlich EUR 1.230 mehr.

Das spiegelt sich auch in der Verteilungsanalyse wider: Während im ersten Einkommensfünftel (niedrigste Einkommen) niemand von der geplanten Tarifsenkung profitiert, haben fast alle Menschen im obersten Einkommensfünftel nach der Reform mehr Geld zur Verfügung.

Die Senkung der Krankenversicherungsbeiträge ist grundsätzlich eine effektive Maßnahme, gerade für kleine und mittlere Einkommen - ein Ausgleich der Mindereinnahmen für die Sozialversicherung ist aber unbedingt nötig. Für eine richtige Bewertung fehlen allerdings noch viele Details.

Die Erhöhung des Familienbonus wird etwa bei zwei Kindern erst ab einem Bruttoeinkommen von ca. 2.500 Euro spürbar. Sie nutzt vor allem höheren Einkommen. In den beiden untersten Einkommensfünfteln kommt so gut wie gar nichts an. Außerdem erzielt man problematische Incentives zwischen Männern und Frauen. Die Ökonom:innen am Momentum Institut halten die Erhöhung der Familienbeihilfe für eine bessere Alternative.

Rechnet man bis 2009 zurück, wurde die kalte Progression der letzten 12 Jahre damit immer noch nicht vollständig abgegolten. Auch der Effekt der jetzigen Tarifsenkung wird bereits im Jahr 2026 wieder verpufft sein. Dann ist Arbeitseinkommen wieder so hoch belastet wie heute - die Senkung der Unternehmenssteuern bleibt dagegen dauerhaft bestehen.

KÖSt-Senkung: Dauerhaft teuer

Von der Senkung der Körperschaftssteuer (Kosten: 750 Mio. jährlich) profitiert nur ein Bruchteil der Unternehmen - sehr gewinnstarke Großunternehmen und deren Eigentümer:innen. Positive Effekte auf Investitionen oder Wachstum sind von der KÖST-Senkung keinesfalls garantiert.

Die andauernde Senkung von Unternehmenssteuern befeuert den internationalen Steuerwettbewerb. "Das ist umso absurder, weil Österreich während der Pandemie im internationalen Vergleich den Unternehmen die großzügigsten Unternehmenssubventionen gewährte. An die Unternehmen flossen 18 Milliarden Euro", sagt Momentum-Chefökonom Oliver Picek.

Gender-Budgeting: Offene Fragen

Männer profitieren im Schnitt mehr als doppelt so stark von der Steuerreform. Das bezieht sich auf die bis dato bekannten Details zur Steuersenkung und Familienbonus Plus. Im Durchschnitt profitieren Männer mit 567€ pro Jahr, Frauen nur mit 240€. Das zeigt eine Modellierung des Soresi-Programms.

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