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Abschöpfung von Kriegs- und Übergewinnen historisch üblich

Bundeskanzler Karl Nehammer hat angekündigt, kriegsbedingte Übergewinne teilstaatlicher Konzerne abschöpfen zu wollen. Derartige Sondersteuern waren auch in der Vergangenheit durchaus üblich. Das Momentum Institut empfiehlt einen möglichst hohen Steuersatz, um den größten Teil der Übergewinne abzuschöpfen.

  • In Großbritannien wurden etwa Übergewinne während des Ersten Weltkriegs mit zunächst 50 und dann sogar 80 Prozent besteuert. In den USA betrug die Steuer zwischen 20 und 60 Prozent.

  • Während des Zweiten Weltkrieg wurden in den USA Übergewinne sogar mit bis zu 95 Prozent besteuert.

  • Auch in Kanada, Frankreich oder Italien wurden Kriegsgewinnsteuern eingesetzt. Ein „Übergewinn“ wurde meist als Abstand zum Vorkriegs-Niveau der Gewinne definiert.

Auch in Friedenszeiten waren Steuern auf Übergewinne keine Seltenheit. In Großbritannien beispielsweise gleich zweimal:

  • 1997 holte sich eine sozialdemokratische Regierung Sonder-Einnahmen von ehemals staatlichen und unter Wert privatisierten Infrastrukturfirmen.

  • In den frühen 1980ern erhob hingegen die Regierung unter der konservativen Margaret Thatcher eine Sonder-Abgabe auf Gewinne der Nordsee-Energiefirmen sowie eine auf die extra-hohen Gewinne der Banken während der Hochzinsphase mit hoher Arbeitslosigkeit.

  • In den USA erfolgte etwa unter dem republikanischen Präsidenten Richard Nixon eine Sonder-Besteuerung der US-amerikanischen Ölkonzerne.

Ein Steuer auf unvorhersehbare Gewinne ist ökonomisch effizient

„Fallen Unternehmen durch unvorhersehbare Ereignisse ungewöhnlich hohe Gewinne zu, stört deren einmalige Besteuerung die wirtschaftliche Tätigkeit nicht. Werden diese Profite besteuert, wird kein Unternehmen für gute Investitionen in der Vergangenheit bestraft, weil keines mit einem Krieg rechnete. Und kein Unternehmen wird bestraft für heutige Investitionen in die Zukunft, weil die „Glücksfall“-Steuer nur temporär ist. Eine solche Steuer ist daher besonders effizient“, sagt Oliver Picek, Chefökonom am Momentum Institut.

Der Krieg in der Ukraine ist ein derartiges außergewöhnliches Ereignis, das hohe Profite insbesondere bei Energie- und Mineralölkonzernen zu Folge hat: Der Gewinn der OMV war im 1. Quartal 2022 fast viermal so hoch wie im Schnitt der 24 vorangehenden Quartale. Aufgrund der Ausgestaltung des europäischen Strommarkts sind auch beim Verbund ordentliche Gewinnsteigerungen auf bis zu zwei Milliarden Euro zu erwarten. Das teuerste Kraftwerk am Markt – ein Gaskraftwerk – bestimmt den Strompreis, während die Produktionskosten für Strom aus Wasserkraft nicht steigen.

„Eine Übergewinnsteuer hat Sinn, weil die Energiekonzerne nicht nur ihre gestiegenen Kosten weitergeben. Sie haben auf Kosten der Konsument:innen ihre Gewinnspanne massiv erhöht“, so Picek.

Übergewinnsteuer möglichst umfassend gestalten

Die EU-Kommission hat in ihrem „Werkzeugkasten“ zur Energiekrise den Nationalstaaten Optionen aufgezeigt, wie sie die Teuerung bewältigen können. Darunter war auch eine Steuer auf die Gewinne der Energiekonzerne. Dieser Empfehlung folgen bereits mehrere Länder. Italien etwa will Übergewinne von großen Energieunternehmen mit 25 Prozent besteuern.

Für Österreich sollte die Steuer möglichst umfassend ausfallen, empfiehlt das Momentum Institut. Der Steuersatz sollte um die 90 Prozent betragen, um den allergrößten Teil der definierten Extra-Gewinne abzuschöpfen. Nicht sinnvoll ist jedoch eine Beschränkung auf ausschließlich teilstaatliche Konzerne, wie vom Bundeskanzler vorgeschlagen. Das nimmt private Unternehmer:innen aus, deren Übergewinne der Allgemeinheit gar nicht zugute kommen. „Die alternative Vorgangsweise, eine Sonderdividende der teilstaatlichen Unternehmen, ist keine Steuer und daher wenig sinnvoll. Dieses Geld würde an private – teils ausländische – Anteilseigner abfließen. Dann kann es der Finanzminister nicht mehr im Kampf gegen die Teuerung im Land einsetzen“, erläutert Picek.